Die Geschichte von Volkers Sohn

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Niedergeschrieben und an tate.at geschickt von Volker. DANKE!

Unser Sohn ist zwar nicht höchst- aber doch hochbegabt. Anlässlich des Einschulungstests erwähnte meine Frau gegenüber der Schuldirektorin, dass unser Sohn eine sensomotorische Schwäche im minimalsten Ausmaß habe und er deshalb im Schulbetrieb, was das Schreiben und Turnen angeht, besondere Rücksicht brauche (er graviert mehr als er schreibt und hat eine zu geringe Körperspannung). Dazu legten wir auch entsprechende Gutachten vor, die diese Störung – aber auch seine Hochbegabung – belegten. Die Schuldirektorin überlegte ernsthaft die Einschulung des Kindes in die Sonderschule (!).

Den Einschulungstest bewältigte er dann übrigens mit Bravour. Diesen Herbst wurde er dann in die Regelschule eingeschult. Die Lehrerin wurde nochmals auf die Störung und die Begabung hingewiesen, die Gutachten nochmals überreicht. Etwa acht Wochen später wurden wir zum Elterngespräch in die Schule geladen. Die Lehrerin käme mit unserem Sohn nicht zurecht. Er würde immer auf Fragen in die Klasse rufen: “Das ist ja baby-leicht!” und er habe sich in der vorangehenden Woche ein Mal (!) weinend unter dem Tisch verkrochen, er könne sich nach dem Turnen nicht die Socken anziehen und hätte ein Mal (!) anderen Kindern ein Bein gestellt. Ich, als Vater, ging zu diesem Gespräch, bei dem zu meiner Überraschung auch die Direktorin anwesend war. Weil ich ohnehin schon länger mit der Lehrerin reden wollte, um die weitere Vorgangsweise bezüglich unseres Sohnes zu koordinieren, war ich vorbereitet und hatte einige Rechen- und Mathematikblätter (durchwegs für 7- bis 9-jährige Kinder) mitgenommen, die unser Sohn schon gelöst hatte. Ich nahm auch Bücher (für 8-jährige) mit, die er schon fließend und sinnerfassend (!) lesen konnte.

Die Lehrerin war verwundert, dass ich mich mit ihr “koordinieren” wollte. Es gäbe nicht zu koordinieren.

Hinsichtlich Rechnen bezweifelte sie, dass er tatsächlich mit negativen Zahlen rechnen könnte, geschweige denn, dies auch zu verstehen. (Anmerkung: unser Sohn hatte vorher Rechnungen wie z.B. 3 minus 10 mit ist gleich Null gerechnet. Auf Nachfrage wusste er sofort das richtige Ergebnis. Er begründete es damit, dass die Lehrerin gesagt habe, dass sie mit negativen Zahlen noch nicht rechnen sollten). Ich hatte es dann vermieden, dass er auch schon eine gewisse Vorstellung von dem Begriff und der Zahl “Unendlich” hat. Die gelösten Rechenblätter zeigte ich gar nicht mehr vor.

Was das Lesen angehe, so die Lehrerin, könnten auch andere Kinder in der Klasse schon “lesen” (Außer einem anderen Burschen, der übrigens auch sehr begabt ist, ist mir aber keiner bekannt).

Wichtig sei, dass er jetzt, da es an das Schreiben gehe, eine Therapie (Ergotherapie) bekomme, weil im Frühjahr diese Leistung zu bewerten sei. Beim Schreiben bliebe er hinter den anderen zurück. Das wäre “jetzt” wichtiger als das Rechnen oder Lesen. Dazu muss gesagt werden, dass unser Sohne ergotherapeutisch mit großartigen Ergebnissen durchtherapiert ist. Er wird in Wien in einem Fachambulatorium regelmäßig und seit seinem 3. Lebensjahr betreut. Dort riet man uns, mit der Therapie bis ins nächste Frühjahr inne zu halten, um ihn nicht zu überlasten.

Auf den Hinweis, dass er besten ergotherapeutisch betreut sei, auf seine fachärztlich nachgewiesene sensomotorische Schwäche (besonders beim Schreiben) und dass er eben hochbegabt sei (sich deshalb in dieser Schule auch etwas langweile) ging die Lehrerin mit der Bemerkung, sie habe schon andere hochbegabte Kinder gehabt. Mit Blick zur Direktorin meinte sie, darunter sei doch das Mädchen N.N. gewesen, dass erst kürzlich mit Auszeichnung die Matura/Abitur gemacht habe. Spätestens dann hatte ich die erste Runde mit der Lehrerin verloren gegeben.

Zur Ehrenrettung der Lehrerin kann ich aber nach weiteren zwei Monaten anführen, dass sie sich etwas später einem vom erwähnten Fachambulatorium arrangierten Telefonat mit der unseren Sohn betreuenden Psychologin gestellt hatte. Kürzlich lobte sie unseren Sohn ausdrücklich dafür, dass er gut schreiben und besonders gut rechnen würde. Dies allerdings nicht vor der Klasse, sondern nachdem alle anderen Schüler die Klasse verlassen hatten. Unseren Sohn hat es dennoch deutlich motiviert.

Zum Abschluss kann ich noch erwähnen, dass es im Hort, den er nach der Schule besucht, eine Erzieherin gibt, die seine Begabung entdeckt und akzeptiert (!) hat. Diese Frau leistet mehr an Ausbildung für ihn als das gesamte Schulsystem. Und sie lobt ihn und macht ihm deutlich, dass er mit seiner Begabung kein Außenseiter ist.

Ergänzung am 10. Juni 2007:

“Mein Sohn ist nun am Ende der dritten Klasse Volksschule. Leistungsmäßig macht er seinen Eltern große Freude. Im sozialen Umgang braucht er weiterhin den festen Rückhalt der Familie. Seine Klassenkameraden verstehen seine geistigen Höhenflüge oft nicht. Manchmal wird er deshalb geärgert.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass sich seine Lehrerin seit einiger Zeit wesentlich besser auf ihn eingestellt hat. Vielleicht liegt es daran, dass sie ein Kurs für Legasthenie-Lehrer besucht hat und außerdem Mathematik-Trainerin wurde. Sie hat jedenfalls offenbar einiges über Begabte Kinder gelernt. Kürzlich ließ sie uns einen Prospekt zukommen, der über verschiedene Angebote für hochbegabte Schulkinder in den Sommerferien handelte. Es gibt nun manchmal auch Extraaufgaben für ihn, die er gerne löst. Ich habe das Gefühl, sie hat sein Anderssein akzeptiert. Ich denke, er hat mit dieser Lehrerin wirklich einen “guten Griff” getan, sie hat sich nämlich – vielleicht ob der Herausforderung – persönlich weiterentwickelt.

Zwar findet die Förderung seiner Begabungen eher zu Hause als in der Schule statt, dennoch motiviert ihn die Schule (die Lehrerin insbesondere!), weiter zu lernen, auch wenn er sich bei den gestellten Anforderungen eher “spielt”. Er holt sein Wissen aus dem Internet, sehr viel aus Büchern (durchwegs für Ältere), aus vielen Gesprächen mit den Eltern und aus Fachveranstaltungen wie z.B. die jährliche Kinderuniversität in Wien.

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